West-Berlin


Berichte aus einer verschwundenen Stadt

Rund 2 Millionen Menschen lebten in West-Berlin. Völkerrechtlich war die Halbstadt besetztes Gebiet, staatsrechtlich ein Teil der Bundesrepublik. Die politische und gesellschaftliche Einordnung wankte je nach Großwetterlage der Weltpolitik und Blickrichtung:

Aus Sicht der Bundesrepublik galt West-Berlin in den anfänglich unruhigen Zeiten als „Insel der Demokratie im roten Meer des Kommunismus“ [1] und die ausharrenden BerlinerInnen als „Helden allesamt“ [2] – behütet durch die West-Alliierten und tagtäglich erinnert durch das dumpfe Klingen der Freiheitsglocke vom Schöneberger Rathausturm.

Als zum Ende der 70er-Jahre der kalte Krieg abflaute und die Existenzbedrohung der „Frontstadt“ abnahm, mutierte der hoch subventionierte Westsektor in der bundesdeutschen Wahrnehmung mal zum „Schaufenster des Westens“, mal zum multikulturellen wie skandalumwehten „Labor der Wilden“ [3], das einfach alle in sich aufnahm und niemanden ausgrenzte, „weil es draußen keinen Raum gab“ [4].

Derart lieb und teuer und integrativ zugleich blieb West-Berlin für die Bonner Republik ein „Leuchtturm der Freiheit“ [5], der weit in die DDR hineinstrahlen sollte aber „Drüben“ offiziell nur als blassweißer Fleck auf den Landkarten auftauchte ….

[6]

… bis zum 9. November 1989:

Euphorische wurde die Mauer mit Übergängen durchbrochen, abgebaut und binnen Monaten im Verlauf schon nicht mehr richtig erinnert. Berlin war wieder eins. Zuerst zog der Regierende Bürgermeister in den „Osten“, etwas später alle Abgeordneten. Im „Westen“ blieben eine weiter fordernde Freiheitsglocke und 2 Millionen Menschen – zwölf von ihnen berichten auf den folgenden Seiten von ihrem Leben in der verschwundenen Stadt.

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Quellen: [1] Stefanie Eisenhuth/Scott H. Krause, Inventing the ›Outpost of Freedom‹. Transatlantic Narratives and the Historical Actors Crafting West Berlin’s Postwar Political Culture, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History, Online-Ausgabe, 11 (2014), H. 2, S. 188f; [2] Horst Bosetzky, Wir Einzigartigen, in: Berliner Zeitung, 19.5.2010; [3] siehe oben: Stefanie Eisenhuth/Scott H. Krause; [4] Wolfgang Kaschuba, »Vom wärmenden Iglu in der Polarzone«. Ein Gespräch über West-Berlin, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History, Online-Ausgabe, 11 (2014), H. 2, S. 266; [5] siehe oben: Stefanie Eisenhuth/Scott H. Krause; [6] DDR Karte 1988 – Archiv/ Zentral- und Landesbibliothek Berlin